Getriebebauformen und Differentiale in 2WD-Fahrzeugen
Viele Wiedereinsteiger werden sich beim Anblick heutiger 2WD-Buggys erst einmal wundern, wo denn der Motor hingekommen ist. Während dieser zu Zeiten, als der Associated RC10B4 das Maß der Dinge war, noch für alle gut sichtbar aus dem Heck des Fahrzeugs ragte, muss man ihn heute erst einmal suchen. Beginnen wir diesen kleinen Exkurs zu den verschiedenen Bauformen also mit einer Konstruktion, die auch heute noch ihre Anhänger hat. Nach den Getrieben werfen wir noch einen Blick auf die verschiedenen Differentiale, die heutzutage in den Getrieben ihren Dienst versehen. Bei den Beispielen beschränke ich mich der Einfachheit halber auf Fahrzeuge, die aus dem Baukasten heraus nur eine Option anbieten. Hersteller wie Kyosho oder TLR bieten in ihren aktuellen Kits mehrere Varianten an.
Getriebebauformen:
Heckmotor:
Der Motor befindet sich hinter der Hinterachse, um den Schwerpunkt nach hinten zu bringen. Der Vorteil dieser Bauweise ist, dass man nach einer Kurve härter am Gashebel ziehen kann, ohne dass die Reifen durchdrehen. Beim Bremsen bleibt immer noch genug Gewicht auf der Hinterachse, um ein Ausbrechen des Hecks zu verhindern oder aber zumindest besser kontrollieren zu können. Verschiedene Nachteile haben aber dafür gesorgt, dass derartige Fahrzeuge auch auf Lehmstrecken immer seltener anzutreffen sind. Zum einen ist das Fahrzeug durch die stärkere Gewichtsverschiebung beim Beschleunigen nach hinten weniger lenkwillig, da die Vorderachse recht stark entlastet wird. In schnellen Kurven sorgt der hinten liegende Motor in Verbindung mit der Fliehkraft häufig eher für ein Ausbrechen, als dies beim Mittelmotor der Fall wäre.
Beispiele: Associated RC10 B4, Yokomo B-Max2, Kyosho Ultima RB5, LRP Twister
Mittelmotor, stehendes vierstufiges Getriebe:
Bei dieser auch als 4-Gear bekannten Variante wurde der Motor vor die Hinterachse gesetzt und zur Beibehaltung der Drehrichtung ein weiteres Zwischenzahnrad (Idler) eingefügt. Die Lastwechselreaktion ähnelt der von Heckmotorfahrzeugen, der Schwerpunkt rückt aber schon ein gutes Stück nach vorne, was der Kurvengeschwindigkeit zu Gute kommt. Der Vortrieb ist auch auf rutschigeren Pisten in Verbindung mit einem Kugeldifferential noch als gut zu bezeichnen, wobei man beim Bremsen schon besser Acht geben muss.
Beispiele: Associated RC10 B5M, Yokomo B-Max2 MR, VBC Racing Firebolt DM
Mittelmotor, stehendes dreistufiges Getriebe:
Bei diesem nächsten Schritt wird auf das zusätzliche Zwischenzahnrad verzichtet, wodurch zunächst einmal die rotierenden Massen reduziert werden und der Motor auf die andere Seite wechselt. Infolge dessen wird beim Beschleunigen das Chassis vorne nach unten gedrückt und die Hinterachse wird ein wenig entlastet. Auf den ersten Blick scheint sich der Anwendungsbereich des sog. 3-Gear-Getriebes damit auf griffigen Boden zu beschränken, das stimmt aber nur mit Einschränkung. Umgekehrt sorgt die "verdrehte" Lastwechselreaktion dafür, dass das Heck beim Bremsen auf den Boden gepresst wird und damit stabiler als beim 4-Gear. Fahrer, die Fahrzeug und Gasfinger an die veränderten Gegebenheiten anpassen können, schaffen es auf den meisten Strecken, ihre Rundenzeiten zu reduzieren. Auf rutschigem Kunstrasen scheint diese Bauform in Verbindung mit einem Kugeldifferential aktuell das Mittel der Wahl zu sein, aber auch hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Beispiele: TLR 22 3.0, Associated RC10 B6D, Yokomo YZ-2 DT, Schumacher Cougar KD
Mittelmotor, liegendes Getriebe:
Zum ersten Mal in der vierstufigen Variante beim ursprünglichen Yokomo YZ-2 zu sehen, sorgte diese Getriebeart für ordentlich Bewegung auf dem 2WD-Markt. Verschiedene Tüftler boten Umbaukits für diverse 2WD-Buggys an, die jedoch im Nachhinein objektiv gesehen nur als Notlösungen zu betrachten sind. Aber was macht ein sog. Lowrider oder Laydown-Getriebe eigentlich genau? Der Schwerpunkt des Fahrzeugs verlagert sich nach unten und noch weiter nach vorne. Das Fahrverhalten wird insgesamt direkter und, solange der Griff ausreicht, für Viele besser zu kontrollieren, da die für 2WD-Buggys ehemals charakteristische "Gedenksekunde" ausbleibt. Gegenüber den älteren Bauformen nimmt der Vortrieb ein wenig ab, was sich mit ein wenig mehr Gewicht direkt vor der Hinterachse aber bei Bedarf relativieren lässt.
Team Associated bietet für die Fahrzeuge der 6.1-Reihe ein sogenanntes Layback-Getriebegehäuse an, das den Motor durch Verwendung eines kleineren Zwischenzahnrads ein wenig mehr in Richtung Hinterachse verschiebt, also ideal für Strecken, die zu wenig Griff für ein Laydown-Getriebe bieten, bei denen ein Standup-Auto aber zu langsam wäre. Yokomo führte mit dem Stadium Truck YZ-2T ein vergleichbares Getriebe ein, dass als LD (laydown dirt) bezeichnet wird.
Einen Sonderweg beschritt die britische Firma Schumacher, die anstelle eines Rädertriebs beim CougarKF/KC auf Zahnriemen setzte. Durch die Verwendung verschieden langer Riemen kann man die Motorposition variieren und die Gewichtsverteilung an die jeweiligen Bedingungen anpassen, hat grundsätzlich aber einen niedrigen Schwerpunkt und die Motordrehrichtung eines dreistufigen Getriebes
Die in den Abschnitten für die stehenden Mittelmotorgetriebe getroffenen Aussagen zu drei- und vierstufigen Getrieben treffen hier grundsätzlich ebenfalls zu. Wie ehemals auch beim Mittelmotor herrscht derzeit noch allgemein die Meinung, dass solche Getriebe für rutschige Strecken nicht geeignet sind. In Anbetracht der Einstellbarkeit der heutigen Fahrzeuge und der Gummimischungen moderner Reifen möchte ich aber nicht ausschließen, dass man auch hier noch einmal bessere Rundenzeiten aus den Fahrzeugen heraus kitzeln kann, als mit dem herkömmlichen Material.
Beispiele (vierstufig): Yokomo YZ-2, Xray XB2
Beispiele (dreistufig): Associated RC10 B6(.1), Yokomo YZ-2 CA(L)/DTM-Reihe, Xray XB2 ab '17, Schumacher Laydown
Beispiel (riemengetrieben): Schumacher Cougar KC
Mittelmotor mit Kardanantrieb:
Diese Konstruktion mit dem hinteren Getriebeanteil eines 4WD-Buggys kann ihre Stärken vor allem auf Teppich und sehr griffigem Kunstrasen ausspielen. Der Schwerpunkt rückt nach vorne und unten, allerdings dreht der Motor 90° versetzt zur angetriebenen Achse, wodurch sich die Lastwechsel weniger stark entlang der Längsachse, aber auch um die Querachse auswirken.
Beispiele: Xray XB4 2WD, TeamC TM2; Kyosho RZ6 Conversion
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Differentiale:
Kugeldifferential:
Das Kugeldifferential wurde ursprünglich für angetriebene Rasenmäher entwickelt und von der Firma Schumacher zum ersten Mal in RC-Cars verwendet. Ein 2WD-Buggy mit richtig eingestelltem Kugeldifferential ist grundsätzlich einfacher zu fahren, da die Antriebslast gleichmäßiger und weniger direkt auf beide Räder verteilt wird. Ist der Slipper (Rutschkupplung) zu straff eingestellt, können die Differentialkugeln bei starken Gasstößen ggf. durchrutschen, wodurch das Durchdrehen der Hinterräder vermindert wird. Daher erfreut sich das Kugeldifferential auf Lehm und rutschigem Kunstrasen nach wie vor großer Beliebtheit und hilft dabei, gleichmäßige Rundenzeiten zu produzieren.
Oftmals wird angeführt, das Kugeldifferential wäre leichter einstellbar als seine Pendants, in denen sich Zahnräder statt Kugeln drehen. Verschiedene Sperrwirkungen können aber realistisch betrachtet nur durch Verwendung verschiedener Fette erzielt werden. Zieht man die Differentialschraube zu stark an oder lockert man sie zu sehr, verschleißen Scheiben und Kugeln zu schnell. Ein richtig eingestelltes und eingelaufenes Kugeldifferential rutscht normalerweise nicht durch und lässt sich butterweich drehen. Entsprechende Anleitungen findet ihr z. B. in den einschlägigen RC-Foren.
Kegel- oder Planetendifferential:
Trotz der unterschiedlichen Bauform ist die Funktionsweise im Prinzip die gleiche. Zahnräder sorgen für den Ausgleich der unterschiedlichen Kurvenradien der angetriebenen Räder und die Sperrwirkung lässt sich durch die Verwendung unterschiedlicher Differentialöle beeinflussen. Auf griffigen Strecken können diese Differentiale gegenüber dem Kugeldiff durch direkteren Vortrieb und geringeren Verschleiß punkten. Auf rutschigem Boden sind sie bedingt durch ihre direkte Wirkungsweise in 2WD-Fahrzeugen mit Vorsicht zu genießen, vor allem wenn man beim Herausbeschleunigen aus einer Kurve das Gas aufreißt. Das Drehmoment folgt dem Weg des geringsten Widerstands und wird im Extremfall komplett auf das durchdrehende Rad übertragen, wodurch der Wagen entweder nicht vom Fleck kommt oder mit dem Heck ausbricht. Beim Kegeldifferential kann man diesen Effekt durch Weglassen von zwei der vier Kegelräder und die Verwendung von dickerem Öl ein wenig reduzieren, so gutmütig wie mit einem Kugeldifferential wird das Ergebnis in den meisten Fällen aber nicht ausfallen.
Die Frage, ob das Kugel-oder Kegeldifferential das bessere ist, lässt sich also nur mit "kommt darauf an" beantworten. Am besten ist es, beide zur Verfügung zu haben.
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